26 Dezember 2014 ~ 0 Comments

Die westliche Presse

„Die westliche Presse ist kein Beobachter des Konfliktes mehr, sondern viel mehr ein Handlungsträger (sie ist zu einem parteiischen KonfliktBeteiligten geworden).
Diese Rolle hat Konsequenzen für Millionen von Menschen, die versuchen, die aktuellen Ereignisse zu verstehen.“

Matti Friedman, der als Reporter zwischen 2006 und 2011 im Jerusalemer Büro der Nachrichtenagentur Associated Press (AP) tätig war, fasst die Missstände der westlichen Presse zusammen. Sein Artikel, basierend auf eigenen Erfahrungen, ist in der amerikanischen Monatszeitschrift „The Atlantic“ erschienen.
Die Aufmerksamkeit der Medien in Bezug auf den Nahostkonflikt sei unverhältnismäßig verglichen zu anderen Geschehnissen auf der Welt. Hier fielen Redaktionsentscheidungen nicht mehr nach journalistischen Aspekten, sondern viel mehr nach ideologischen Erwägungen, schreibt Friedman. Der Wahrnehmung des Konfliktes liege ein Denkmuster zugrunde, das tief in der westlichen Gesellschaft verwurzelt sei. Der Journalist bezeichnet es als „eine Art modernes moralisches Theaterstück, in dem die Juden in Israel – mehr als alle anderen Völker der Welt – ein Beispiel des moralischen Versagens darstellen“. Doch erhält sich dieses Denkmuster von selbst oder ist es das Erzeugnis der Medien?
Was ist eine Nachricht wert?
Was sollte gemeldet werden, was nicht? Nach welchen Maßstäben beurteilen Redaktionen täglich die Ereignisse im Nahen Osten? Friedman greift Beispiele auf.
Eine Demonstration bewaffneter Dschihadisten auf dem Gelände der arabischen Al-Quds-Universität in Ostjerusalem scheint in den Augen der örtlichen AP-Redaktion für eine Meldung nicht zu genügen. Reporter sind bei der Veranstaltung gewesen und Fotos lagen im Büro vor. Dennoch entschied die Redaktion, diese Begebenheit, die jedem rational denkenden Israeli Angst einflößt, nicht zu melden. Stattdessen wurde ein Bericht über amerikanische Spenden an die Palästinensische Autonomiebehörde veröffentlicht. Erst nachdem die Brandeis Universität von Boston ihre Beziehungen zu der Al-Quds-Universität wegen der radikal-islamischen Demonstration abbrach, wurde auch von dem Aufmarsch berichtet.
So etwas sei Standard, schreibt Friedman. Auch das Schmuggeln von 100 Raketen in den Gazastreifen sei nur in Ausnahmefällen eine Nachricht wert. Der Bau von 100 Wohnungen in einer jüdischen Siedlung gelte im Gegensatz dazu immer als eine Nachricht. Derartiges Vorgehen sei keine kleine redaktionelle Panne, sondern bewusstes Verschweigen und Entfremden der Realität.
Die Person hinter der Presse
„Um den internationalen Journalismus über Israel zu verstehen, ist es zuerst wichtig, zu begreifen, dass die Nachrichten uns viel weniger über Israel erzählen als über die Personen, die berichten“, erklärt Friedman. Deshalb sei es von Bedeutung, das gesellschaftliche Umfeld der Journalisten zu betrachten. Im Nahen Osten erhielten Reporter ein breites kulturelles Angebot von internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen und Nichtregierungsorganisationen (NGO). Ansässig in den Palästinensergebieten, setzten sie sich besonders für die arabischen Interessen ein. Bereitwillig fügten sich die Reporter in diesen Gesellschaftskreis ein und übernähmen deren Ansichten und Verhalten. Ein journalistisch kritischer Abstand bleibe kaum.
Besonders neue Reporter, von denen meist ein sofortiges Expertenwissen verlangt wird, neigten dazu, allgemein vertretene Meinungen zu übernehmen. Dabei komme es gelegen, die komplexen Ereignisse auf eine Erzählung von guten und bösen Menschen zu reduzieren. Genügend – meist israelkritisches – Material stehe dazu von internationalen Organisationen zur Verfügung.
Bedeutend ist aus Sicht des Autors, dass nicht über die UN und NGOs, sondern von ihnen berichtet wird. Sie gelten unter den Journalisten nicht als Akteure in der Landschaft des Nahen Ostens, sondern werden als Informationsquellen genutzt. Aus journalistischer Sicht müssten sie jedoch analysiert und kritisiert werden. Mit dem Wunsch, auch eine „helfende“ Rolle einzunehmen, positioniere sich die Presse neben den internationalen Organisationen und vernachlässige ihre neutrale Aufgabe, zu beschreiben und zu berichten. „Und das ist die Stelle, an der Reporter in Schwierigkeiten kommen“, meint Friedman, „denn ‚helfen‘ ist immer ein unklares, subjektives und politisches Unterfangen, das noch problematischer wird, wenn man nicht mit der nötigen Sprache und Geschichte vertraut ist.“
Friedman sieht enorme negative Auswirkungen, da diese Organisationen großen Einfluss in der Region hätten. Mit einer Anpassung der redaktionellen Leitlinien würden allgemeine Denkmuster unterstützt. Eine Nachrichtenagentur wie die „Associated Press“ präge zusätzlich das allgemeine Denkmuster maßgeblich, gründeten doch tausende von Zeitungen ihre Berichterstattung auf den Artikeln der AP.
Die Presse erzählt eine Geschichte und die Hamas nutzt sie
Das Abwenden von einer objektiven Berichterstattung führe dahin, dass die Medien nur noch eine „Geschichte“ erzählten, und diese müsse von ihnen aufrechterhalten werden. „Eine schmutzige palästinensische Politik und Gesellschaft sind für die internationale Presse undenkbar, weil das ihre ‚Israel-Story‘ zerstören würde, denn sie ist eine Geschichte des moralischen Versagens der Juden.“ Damit werde die Berichterstattung unausgewogen und die Wahrheit zu berichten „unangebracht“. „Unangebracht für die Palästinenser, weil es den Israelis in die Hände spielen würde.“ Unpassende Nachrichten brächten nur unangenehme Fragen auf.
„Die meisten Konsumenten verstehen nicht, wie die ‚Israel-Story‘ entstanden ist – die Hamas schon. Sie haben verstanden, dass viele Reporter der ‚Geschichte‘ verpflichtet sind, in der Israel der Unterdrücker ist und die Palästinenser die passiven Opfer mit vernünftigen Forderungen sind. Für Gegensätzliches besteht kein Interesse.“ Es geht nur darum: „Hier sind tote Menschen, und Israel hat sie umgebracht“, schreibt Friedman. Es sei irrelevant, dass das Presseaufgebot eins der größten der Welt ist – völlig unproportional zu anderen Regionen. Die Strategie der Hamas , sich hinter Zivilisten zu verstecken, existiere nicht. Bedrohungen der Journalisten durch die Hamas seien nur die Herausforderung der Berichterstattung und kein Stoff für eine eigene Nachricht. Es gebe keine Charta der Hamas , welche die Juden der Niederträchtigkeit beschuldige. Die Raketen auf Israel seien harmlos. Das sei alles nicht wert, berichtet zu werden.
Damit hat die Presse aus Friedmans Sicht „aufgehört ein vertrauenswürdiger Beobachter zu sein und ist stattdessen ein Verstärker der Propaganda einer der intolerantesten und aggressivsten Mächte der Erde geworden“. „Und das ist“, folgert der Journalist, „wie man sagt, die eigentliche ‚Story‘.“
• Weiterführende Links:
• » Tempelberg: Palästinenser appellieren an Sicherheitsrat und Journalisten (inn)
• » Selbstzensur bei palästinensischen Medienschaffenden verbreitet (inn)
• » Kommentar: Die Glaubwürdigkeit eines Arztes (inn)

http://www.israelnetz.com/sicherheit/detailansicht/aktuell/westliche-presse-ist-kein-beobachter-mehr-90425/

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